[HGI-News-de] Schachmatt: HGI-Forscher tricksen Intel-Kopierschutz HDCP aus

Newsletter des Horst Görtz Instituts hgi-news-deutschland at lists.ruhr-uni-bochum.de
Do Nov 24 18:30:09 CET 2011


Schachmatt: HGI-Forscher tricksen HDCP aus

Dem weit verbreiteten Kopierschutz HDCP von Intel vertraut seit über
einem Jahrzehnt die Medienindustrie, für die es im Geschäft mit digital
hochauflösenden Video- und Audioinhalten um Milliarden geht. Forscher
der Arbeitsgruppe für Sichere Hardware des Horst Görtz Instituts der
Ruhr-Universität Bochum um Prof. Dr.-Ing. Tim Güneysu konnten über einen
"Man-in-the-Middle"-Angriff mit relativ wenig Aufwand das Schutzsystem
einer ganzen Branche schachmatt setzen. Ihre Ergebnisse stellen sie in
der kommenden Woche auf der internationalen Sicherheitskonferenz
ReConFig 2011 in Cancun, Mexiko, vor.

Schutz für digitale Unterhaltung

HDCP ist mittlerweile in fast jedem HDMI- oder DVI-tauglichem TV- oder
Computerflachbildschirm zu finden. Mit seiner Hilfe sollen digitale
Inhalte vom geschützten Quellmedium, etwa einer Blu-ray, über einen
vollständig verschlüsselten Kanal zum Bildschirm gelangen.
Sicherheitsbedenken zum HDCP-System gibt es schon länger. Zuletzt
tauchte im Jahr 2010 ein HDCP-Master-Key, der das geheime Kernelement
des Verschlüsselungssystems bilden sollte, kurzzeitig auf einer
Webseite auf. Hersteller Intel gab daraufhin bekannt, dass HDCP nach
wie vor eine effektive Schutzkomponente für die digitale Unterhaltung
darstelle. Denn die Herstellung eines HDCP-fähigen Chips mithilfe
dieses Master-Keys sei hochgradig komplex und teuer.

Angriff über Field-Programmable Gate Arrays (FPGA)

Das ließ die Bochumer Forscher aufhorchen. "Auf Basis eines günstigen
FPGA-Boards haben wir stattdessen eine eigenständige Hardwarelösung
entwickelt", so Prof. Dr.-Ing. Tim Güneysu, der sich gemeinsam mit
Diplomand Benno Lomb ans Werk machte. "So konnten wir die
HDCP-verschlüsselten Datenströme abgreifen, entschlüsseln und die
digitalen Inhalte an einen ungesicherten Bildschirm oder ein
entsprechendes HDMI 1.3-fähiges Aufnahmegerät senden." Zum Einsatz kam
das kommerzielle ATLYS-Board der Firma Digilent mit einem Xilinx
Spartan-6 FPGA, das über die notwendigen HDMI-Schnittstellen und einen
seriellen RS232-Port zur Kommunikation verfügt.

Materialkosten von etwa 200 Euro

Bei ihren Studien sei es nie darum gegangenen, einen Weg zu finden, wie
sich etwa illegale Kopien erstellen ließen. "Unsere Absicht war es
vielmehr, die Sicherheit des HDCP-Systems grundlegend zu untersuchen
und den tatsächlichen Aufwand für den kompletten Knockout finanziell zu
bemessen", berichtet Prof. Güneysu. "Dass wir in einer Diplomarbeit und
mit Materialkosten von etwa 200 Euro unser Ziel erreicht haben, spricht
definitiv nicht für die Sicherheit des aktuellen HDCP-Systems."

Manipulation über Mittelsmann

Dieser "Man-in-the-Middle"-Angriff, bei dem ein Mittelsmann (das ATLYS
FPGA-Board) unerkannt die gesamte Kommunikation zwischen Blu-ray-Player
und Flachbildschirm manipuliert, sei für Raubkopierer in der
praktischen Anwendung aufgrund einfacherer Alternativen eher
uninteressant. Eine tatsächliche Bedrohung sehen die Wissenschaftler
jedoch für sicherheitskritische Systeme etwa bei Behörden oder im
militärischen Bereich. Obwohl Intel bereits mit seinem HDCP 2.0 ein
neues Sicherheitssystem anbiete, bleibe die Schwachstelle aber aufgrund
der Abwärtskompatibilität auch in den kommenden Jahren problematisch,
so Prof. Güneysu.

Weitere Informationen

Prof. Dr.-Ing Tim Güneysu, Arbeitsgruppe für Sichere Hardware, Fakultät
für Elektrotechnik und Informationstechnik der RUB, Tel. 0234/32-24626,
gueneysu at crypto.rub.de

Ein Foto zu dieser Presseinformation finden Sie im Internet unter:
http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2011/pm00386.html.de



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